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MI | 11.04.2012
Probebohrungen der ASFINAG in der Lobau (Bild: ORF)
S1
Lobau-Tunnel darf gegraben werden
Das Ergebnis der Probebohrungen in der Lobau für den Tunnel der Wiener Nordost-Umfahrung liegt vor. Demnach kann das Bauwerk verwirklicht werden. Ein ÖAMTC-Experte warnt aber vor dem Tunnel als "Massengrab".
Die Gesteinsproben brachten keine Überraschungen.
ASFINAG: Grundwasserspiegel nicht gefährdet
An 18 Stellen hat die ASFINAG im Nationalpark unter ökologischer Bauaufsicht bohren lassen. Mittlerweile sind die Bohrmaschinen abgezogen, aus den Bohrlöchern ragen jetzt Metallrohre. Mit ihrer Hilfe soll der Grundwasserspiegel beobachtet werden.

Untersucht wurde der Untergrund in einer Tiefe von bis zu 70 Metern. Laut ASFINAG folgt auf wenige Meter Sand und Lehm eine bis zu 30 Meter dicke Schicht aus Donauschotter, die wiederum auf tieferen Schichten aus Sand und Ton ruhe.

In beiden Schichten befinde sich Grundwasser, das allerdings voneinander getrennt sei. Für die Lobau sei der obere Grundwasserspiegel von Belang, der vom Tunnel nicht tangiert werde, der in der unteren Schicht liege. "Durch den Bau des Tunnels wird der Grundwasserspiegel des Nationalparks nicht gefährdet", unterstrich Projektleiter Christian Honeger.
Zwei Röhren in 40 Meter Tiefe
Der 8,5 Kilometer lange Tunnel soll in einem Korridor zwischen 30 und 40 Metern Tiefe verlaufen. Ausgebaut wird er mit zwei von einander unabhängigen Röhren, die alle 250 Meter durch Fluchtwege miteinander verbunden sind. Jede Röhre erhält zwei Fahrspuren und zusätzlich einen Pannenstreifen.
Lobau-Besetzung (Bild: APA) Baubeginn erst 2011
Der Bau des 8,5 Kilometer langen Lobautunnels kann aber erst 2011 beginnen: Als Grund nennt die ASFINAG die strengen, behördliche Vorschriften. Aber auch Geldmangel und der anhaltende Protest gegen einen Straßentunnel unter dem Nationalpark dürften für einen späteren Baubeginn verantwortlich sein.

Umweltaktivisten blockierten die Bohrstellen vergangenen Herbst sechs Wochen lang. Als Folge wurde ein Runder Tisch zum Verkehr in der Ostregion ins Leben gerufen.

Die ASFINAG hofft, dass die umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung in einem Jahr beginnen kann. Die Verkehrsfreigabe der vierspurigen Schnellstraße zwischen Schwechat und Süssenbrunn ist dann für 2018 geplant.
ÖAMTC
Warnung vor "Massengrab"
Auch wenn geologisch nichts gegen den Bau des Tunnels zu sprechen scheint. Nach den Umweltschützern meldet sich nun auch ein Sicherheitsexperte zu Wort, der vor dem Tunnel warnt.

Der Tunnel sei mit nur zwei Spuren pro Richtung bei dem erwarteten Verkehrsaufkommen in 10 Jahren viel zu klein dimensioniert: Vor allem aber - die beiden 8 km langen Röhren, die in bis zu 60 Metern Tiefe die Lobau durchqueren sollen, bieten kaum Flucht- und Rettungsmöglichkeiten.

Laut ÖAMTC-Tunnelexperten Willy Matzke eignen sich die Notausstiege an die Oberfläche aufgrund der großen Tiefe nicht als Fluchtwege. Abgesehen davon, dass solche Ausstiege und ein eigener Zufahrtsstollen für Einsatzkräfte - aus Umweltschutz- und Kostengründen bisher abgelehnt wurden, so der ÖAMTC-Experte.
ASFINAG weist Kritik zurück
Der Lobautunnel werde den modernsten Sicherheitsstandards entsprechen, wiesen Verkehrsministerium und ASFINAG die Kritik zurück. "Für Panikmache besteht kein Anlass".
Reaktionen der Parteien
Wiens SPÖ-Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker (SPÖ) beschied: "Bei Herrn Matzke handelt es sich um ein besonderes Exemplar." Ebenso konstatierte Stadtbaudirektor Gerhard Weber: "Danke für die Panikmache, lieber ÖAMTC-Experte. Wir müssen hinterfragen, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um beim ÖAMTC als Experte zu gelten."

Auch FPÖ-Gemeinderat Toni Mahdalik kritisierte die "Panikmache" des ÖAMTC. Er nannte Matzkes Stellungnahme "reichlich seltsam und überflüssig" und an den Haaren herbeigezogen.

ÖVP-Verkehrssprecher Wolfgang Gerstl begrüßte hingegen die Ergebnisse der Probebohrungen. Das bringe hoffentlich Schwung in den Bau der Nordost-Umfahrung. Allerdings müsse auch die geplante Verbindung zwischen Ost- (A4) und Donauufer-Autobahn (A22) gebaut werden
Grüne: Fluchtwege können nicht funktionieren
Die Wiener Grünen schlossen sich dagegen der Kritik des Tunnelexperten an. "Das vorgesehene Fluchtwegesystem kann meiner Meinung nach nicht funktionieren", meinte Umweltsprecher Rüdiger Maresch.

"Fluchtwege zu anderen Richtungsfahrbahn hätten den Nachteil, dass die von einem möglichen Feuerunfall flüchtenden AutofahrerInnen den entgegenkommenden Autos vor die Kühlerhaube laufen."
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