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MI | 11.04.2012
Michael Graff (Bild: APA/Georges Schneider)
Tot
Michael Graff im 71. Lebensjahr verstorben
Der langjährige ÖVP-Generalsekretär Michael Graff ist tot. Er starb im 71. Lebensjahr. Graff war im Zuge der Waldheim-Affäre ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Die ÖVP trauert um einen "guten Freund" und "großen Menschen".
Ex-ÖVP-Generalsekretär Michael Graff im 71. Lebensjahr verstorben.
Für Aussagen entschuldigt
"Wenn man Waldheim nicht nachweisen kann, dass er sechs Juden eigenhändig erwürgt hat, ist er jedenfalls unschuldig": Mit diesen Worten hatte Graff im Zuge der Affäre um den mittlerweile ebenfalls verstorbenen Ex-Bundespräsidenten Kurt Waldheim für Aufregung gesorgt.

Graff entschuldigte sich damals für diese Aussage und bezeichnete sie selbst als "unmöglich". Danach trat er von seiner Funktion als ÖVP-Generalsekretär zurück.

Am 29. Juli ist Graff nun verstorben. Auf Wunsch seiner Familie wurde sein Ableben erst jetzt der Öffentlichkeit bekanntgegeben.
Vom Anwalt zum Politiker
Graff wurde am 2. Oktober 1937 in Wien geboren. Nach der Matura am Wiener Schottengymnasium absolvierte er sein Jusstudium an der Universität Wien. Im Jahr 1959 erfolgte die Promotion, ab 1975 war er als selbstständiger Rechtsanwalt tätig.

Fast 15 Jahre seines Lebens hatte der in der Vorwoche gestorbene Graff der Politik gewidmet: Insgesamt fünf Jahre, von 1982 bis 1987, war der Wiener als ÖVP-Generalsekretär sowie ÖVP-Justizsprecher aktiv. Dem Nationalrat gehörte Graff von 1983 bis 1994 sowie von 1995 bis 1996 als Abgeordneter an.
Graff (Bild: APA/HANS KLAUS TECHT) Bei Justizpolitik mitgemischt
Nach seinem Rücktritt als Generalsekretär behielt Graff sein Nationalratsmandat und gestaltete als ÖVP-Justizsprecher und Vorsitzender des Justizausschusses die Justizpolitik entscheidend mit.

Auf seine Initiative wurde die Untersuchungshaft reformiert und die Grundrechtsbeschwerde beim OGH geschaffen. Graff verhalf auch dem Vorschlag Simon Wiesenthals zur Durchsetzung, die Strafdrohungen des Verbotsgesetzes herabzusetzen, was zu deutlich mehr Verurteilungen wegen Wiederbetätigung führte.
Als Politpensionist scharfer Kritiker Schüssels.
Heftige Kritik an Schüssel
Ende 1995 kehrte Graff in seine Kanzlei in der Innenstadt zurück und war dann unter anderem Verteidiger im Korneuburger Baukartellprozess.
Bis vor eineinhalb Jahren deponierte der nie recht zurückhaltende Graff noch so manchen Kommentar - in der Regel scharfe Kritik an Ex-ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel.

Mit seiner Ansage "Ich werde in der ÖVP das liberale Flämmchen etwas hüten, damit nicht der konservative Feuersturm alles erfasst" verärgerte er Schüssel schon im September 1995.

Im Jahr darauf attestierte er ihm, dass die ÖVP "schlecht geführt" werde, 1997 kommentierte Graff die Amsterdamer "Frühstücksaffäre" um Schüssel mit den Worten: "Ein überführter Lügner an der Spitze ist wohl keine Reklame für eine christliche Partei."

Die verlorene Wahl 2006 war für Graff die letzte Gelegenheit, noch einmal mit Schüssel abzurechnen. Als erster ÖVP-Altgrande deponierte er eine Rücktrittsaufforderung.
Trauergottesdienst am 20. August.
ÖVP trauert um "guten Freund"
ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon würdigte Graff als geradlinigen Politiker und aufrichtigen Demokraten. Graffs Familie und die ÖVP verlören mit ihm einen aufrichtigen Menschen, dynamischen Juristen und guten Freund.

Auch ÖVP-Wien-Chef und Wissenschaftsminister Johannes Hahn zeigte sich tief bestürzt: Mit Michael Graff verliere die ÖVP einen "profunden Kenner der österreichischen Politik, einen hervorragenden Juristen und einen großen Menschen".

Ein Trauergottesdienst findet am 20. August in der Wiener Schottenkirche statt.
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